In den letzten Jahren hat ein neuer Begriff in der Arbeitswelt an Bedeutung gewonnen: Quiet Quitting. Was zunächst wie eine leise Kündigung klingt, hat weniger mit einem tatsächlichen Verlassen des Arbeitsplatzes zu tun, sondern beschreibt einen subtileren Ansatz, wie Arbeitnehmer*innen mit ihrer Arbeit umgehen. Doch was genau ist Quiet Quitting, warum hat es an Bedeutung gewonnen und welche Auswirkungen hat es auf Organisationen und Arbeitnehmer*innen? In diesem Blogartikel werfen wir einen genauen Blick auf das Phänomen.
Der Begriff «Quiet Quitting» bedeutet nicht, dass Arbeitnehmer*innen ihre Jobs effektiv kündigen. Stattdessen beschreibt er das Verhalten, in dem Mitarbeiter*innen aufhören, mehr als das Minimum zu leisten, das von ihnen verlangt wird. Sie erledigen ihre Aufgaben, erfüllen die grundlegenden Erwartungen, aber sie gehen keine Extrameile mehr. Sie verzichten auf Überstunden, vermeiden zusätzliche Verantwortungen und Engagements, die über ihre Jobbeschreibung hinausgehen.
Der Begriff Quiet Quitting erlangte grosse Popularität durch ein virales TikTok-Video des Users Zaid Khan im Jahr 2022. In dem Video erklärte Khan das Konzept, bei dem Arbeitnehmer*innen sich weigern, über die Mindestanforderungen hinaus zu arbeiten, um eine gesunde Work-Life-Balance zu wahren. Dieses Video stiess weltweit auf Resonanz und führte zu intensiven Diskussionen über die Erwartungen an Arbeitnehmer*innen und die Grenzen zwischen beruflichem Engagement und persönlichem Wohlbefinden.
Quiet Quitting ist eng mit dem Gefühl der Entfremdung und Erschöpfung am Arbeitsplatz verbunden, insbesondere nach der COVID-Pandemie. Viele Arbeitnehmer*innen hinterfragen ihre Work-Life-Balance und sind weniger bereit, Opfer für ihre Karriere zu bringen, insbesondere wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Bemühungen nicht wertgeschätzt oder angemessen entlohnt werden. Die Pandemie hat weltweit dazu geführt, dass viele Menschen ihre Prioritäten überdacht und neu gesetzt haben. Die Unsicherheit und der Stress der letzten Jahre haben dazu beigetragen, dass viele Menschen ihre psychische Gesundheit und ihr Wohlbefinden in den Vordergrund stellen.
Darüber hinaus hat die steigende Popularität der Remote-Arbeit und hybriden Arbeitsmodellen dazu geführt, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen. Viele Menschen fanden sich in einer Situation wieder, in der sie mehr Stunden arbeiteten, aber dennoch das Gefühl hatten, nicht ausreichend gewürdigt zu werden. Dies hat den Trend zum Quiet Quitting verstärkt, da Arbeitnehmer*innen bewusst ihre Grenzen ziehen und sich weigern, sich übermässig zu engagieren.
Die Gründe für Quiet Quitting sind vielfältig und reichen von individuellen bis hin zu unternehmensspezifischen Faktoren. Zu den häufigsten Gründen gehören:
1. Burnout und Erschöpfung: Die moderne Arbeitswelt, insbesondere in schnelllebigen Branchen, setzt viele Arbeitnehmer*innen unter enormen Druck. Langes Arbeiten, hohe Anforderungen und der ständige Stress führen oft zu einem Zustand des Burnouts, der Mitarbeiter*innen dazu bringt, sich zurückzuziehen.
2. Mangelnde Wertschätzung: Viele Mitarbeiter*innen fühlen sich in ihren Positionen unterbewertet. Wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Arbeit nicht anerkannt wird oder sie keinen fairen Lohn erhalten, sind sie weniger motiviert, über das Minimum hinauszugehen.
3. Fehlende Aufstiegsmöglichkeiten: Wenn Mitarbeiter*innen das Gefühl haben, dass es in ihrem Unternehmen keine echten Karrieremöglichkeiten gibt oder sie in einer Sackgasse stecken, sinkt ihre Motivation, zusätzliche Verantwortung zu übernehmen.
4. Work-Life-Balance: Besonders nach der Pandemie haben viele Arbeitnehmer*innen den Wert einer gesunden Work-Life-Balance erkannt. Quiet Quitting kann als bewusste Entscheidung gesehen werden, das Arbeitsleben nicht über das Privatleben zu stellen
5. Schlechte Unternehmensführung: Mitarbeiter*innen, die das Gefühl haben, dass ihre Führungskräfte wenig unterstützend oder schlecht organisiert sind, neigen eher dazu, sich zurückzuziehen.
Quiet Quitting kann erhebliche Auswirkungen auf Organisationen haben. Zunächst einmal bedeutet es, dass Mitarbeiter*innen nur noch das Nötigste tun, was zu einer Verringerung der Gesamtproduktivität führen kann. Eine Organisation, die auf Mitarbeiter*innen angewiesen ist, die proaktiv handeln und Verantwortung übernehmen, könnte schnell ins Straucheln geraten, wenn viele ihrer Mitarbeiter*innen in den Modus des Quiet Quitting übergehen.
Ein weiteres Problem ist, dass Quiet Quitting oft schwer zu erkennen ist. Anders als bei einer traditionellen Kündigung, bei der der Verlust von Mitarbeiter*innen offensichtlich ist, bleiben Mitarbeiter*innen bei Quiet Quitting formal im Unternehmen. Es gibt keine Warnsignale, ausser dass die Leistung der Mitarbeiter*innen graduell abnimmt. Dies kann auf lange Sicht zu einer Kultur der Unzufriedenheit führen, die das gesamte Team beeinflusst.
Darüber hinaus kann Quiet Quitting auch das Engagement und die Motivation innerhalb eines Teams beeinträchtigen. Wenn ein*e Mitarbeiter*in nicht mehr bereit ist, Verantwortung zu übernehmen oder an zusätzlichen Projekten zu arbeiten, müssen andere Mitarbeiter*innen möglicherweise die Last tragen, was zu Spannungen und einer negativen Arbeitsumgebung führen kann.
Für Organisationen ist es wichtig, Strategien zu entwickeln, um Quiet Quitting zu erkennen und zu verhindern. Hier sind einige Ansätze, die helfen können:
1. Förderung einer positiven Unternehmenskultur: Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter*innen das Gefühl haben, wertgeschätzt und respektiert zu werden. Eine positive Arbeitskultur, die auf Vertrauen, Transparenz und Wertschätzung basiert, kann die die Zufriedenheit erheblich steigern.
2. Faire Bezahlung und Anerkennung: Mitarbeiter*innen sollten für ihre Arbeit angemessen entlohnt werden und regelmässig Feedback erhalten. Anerkennung, sowohl in finanzieller als auch in emotionaler Form, kann die Motivation und das Engagement steigern.
3. Work-Life-Balance fördern: Unternehmen sollten flexible Arbeitsmodelle anbieten, die eine gesunde Balance zwischen Beruf und Privatleben ermöglichen. Dies kann die Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen erheblich steigern und das Risiko von Burnout verringern.
4. Karrieremöglichkeiten aufzeigen: Organisationen sollten klar kommunizieren, welche Aufstiegsmöglichkeiten es für ihre Mitarbeiter*innen gibt und wie sie ihre Karriere vorantreiben können. Regelmässige Entwicklungsgespräche und Schulungen können dabei helfen, Mitarbeiter*innen langfristig zu binden.
5. Regelmässige Mitarbeiter*innengespräche: Durch den regelmässigen Austausch mit den Mitarbeitenden können Führungskräfte frühzeitig erkennen, wenn ein*e Mitarbeiter*e unzufrieden ist oder sich zurückzieht. Diese Gespräche bieten die Gelegenheit, Probleme zu identifizieren und Lösungen zu finden.
Es mag auf den ersten Blick so aussehen, als sei Quiet Quitting ausschliesslich eine Bedrohung für Organisationen. Doch es bietet auch eine Chance zur Selbstreflexion. Arbeitgeber*innen können das Phänomen als Indikator dafür sehen, dass etwas in der Unternehmensstruktur nicht stimmt und dass Veränderungen nötig sind.
Indem Unternehmen proaktiv auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter*innen eingehen und eine Kultur der offenen Kommunikation und Wertschätzung fördern, können sie das Risiko von Quiet Quitting minimieren. Es ist eine Gelegenheit, Arbeitsbedingungen zu verbessern, Burnout zu verhindern und ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Mitarbeitende nicht nur bleiben, sondern auch über sich hinauswachsen wollen.
Quiet Quitting ist ein Symptom für tiefere Probleme in der modernen Arbeitswelt. Arbeitnehmer*innen, die das Gefühl haben, dass ihre Bemühungen nicht geschätzt werden oder dass ihre Arbeit ihr Leben aus dem Gleichgewicht bringt, ziehen sich oft in den Minimalismus zurück. Für Unternehmen ist es entscheidend, die Warnsignale zu erkennen und rechtzeitig Massnahmen zu ergreifen. Durch die Schaffung einer unterstützenden, wertschätzenden und flexiblen Arbeitskultur können Arbeitgeber*innen den Trend des Quiet Quitting nicht nur aufhalten, sondern ihre Mitarbeiter*innen langfristig binden und motivieren.
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