Ferien sind Ferien – oder? In einer zunehmend digitalen Arbeitswelt verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr. Viele Mitarbeitende fragen sich: Muss ich in den Ferien auf E-Mails reagieren? Muss ich erreichbar sein, wenn mein*e Chef*in anruft? Die Antwort ist klarer, als viele denken – sowohl aus rechtlicher als auch aus gesundheitlicher Sicht. In diesem Blogbeitrag zeigen wir dir, was arbeitsrechtlich gilt, warum Abschalten im Urlaub so wichtig ist – und wie du lernst, im Job gesunde Grenzen zu setzen.
1. Was sagt das Arbeitsrecht zur Erreichbarkeit im Urlaub?
Das Schweizer Arbeitsrecht kennt keine explizite Vorschrift zur Erreichbarkeit während der Ferien. Aber: Es gilt der Grundsatz der Erholungspflicht. Wer in den Ferien arbeitet – selbst nur per Mail – verliert seinen Erholungsanspruch. Juristisch bedeutet das: Du musst nicht erreichbar sein, und dein*e Arbeitgeber*in darf das auch nicht verlangen.
Arbeitsrechtliche Eckpunkte:
Ferien dienen der Erholung – so steht es auch im Obligationenrecht (OR Art. 329c)
Während der Ferien hast du keine Arbeitspflicht.
Eine ständige Erreichbarkeit kann im Zweifelsfall bedeuten, dass die Ferien nicht zählen – du hättest Anspruch auf Nachbezug.
Wenn dein*e Vorgesetzte*r dich trotzdem kontaktiert, solltest du deutlich kommunizieren: Ich bin in den Ferien und nicht erreichbar. Nur in absoluten Notfällen (z.B. IT-Ausfall, Krisensituation) kann eine kurze Rückmeldung gerechtfertigt sein – aber auch das muss klar die Ausnahme bleiben.
2. Psychologische Folgen von ständiger Erreichbarkeit
Abgesehen von der rechtlichen Seite lohnt sich auch ein Blick auf die gesundheitlichen Auswirkungen. Zahlreiche Studien zeigen: Wer in den Ferien erreichbar bleibt, erholt sich signifikant schlechter. Häufige Folgen sind:
Schlechter Schlaf
Erhöhte Stresswerte
Geringere Produktivität nach den Ferien
Erhöhtes Risiko für Burnout
Unser Gehirn braucht distanzierte Erholungsphasen, um leistungsfähig zu bleiben. Wer ständig auf dem Handy nach neuen Mails schaut, signalisiert dem Körper: Ich bin im Arbeitsmodus. Abschalten fällt schwer, selbst wenn man physisch am Strand liegt. Abschalten im Urlaub ist also keine Schwäche, sondern eine Investition in deine Leistungsfähigkeit.
3. Typische Szenarien – und wie du souverän reagierst
Gerade in kleinen Teams oder bei hohem Verantwortungsgrad fällt es vielen schwer, komplett offline zu gehen. Deshalb hier ein paar Tipps, wie du mit typischen Situationen professionell umgehst – ohne deine Ferien zu opfern:
Szenario 1: Dein*e Chef*in schreibt dir eine WhatsApp-Nachricht in den Ferien: Du musst nicht reagieren. Wenn du antwortest, setzt du ein Signal: Ich bin verfügbar. Besser: Wenn du möchtest, kannst du in deinem WhatsApp-Status einen kurzen Hinweis hinterlassen – etwa: "Ich bin bis [Datum] in den Ferien und offline."
Szenario 2: Deine Kolleg*innen fragen dich vor den Ferien, ob du „nur kurz erreichbar“ sein könntest: "Ich bin in dieser Zeit offline – wenn etwas brennt, könnt ihr euch an XY wenden." Das ist freundlich, klar und zeigt Verantwortungsbewusstsein ohne Selbstaufgabe.
Szenario 3: Du willst selbst kontrollieren, ob alles läuft: Widerstehe dem Impuls. Wenn du denkst: "Nur schnell in die Mails schauen", frag dich: Was bringt es mir – und was nimmt es mir? Die Antwort ist oft ernüchternd.
4. Grenzen setzen – ohne als unkollegial zu gelten
Viele Arbeitnehmende fürchten, als wenig engagiert zu gelten, wenn sie offline sind. Dabei zeigt echte Professionalität sich gerade darin, Verantwortung zu übergeben und Vertrauen ins Team zu haben. So setzt du gesunde Grenzen:
Kommuniziere deine Abwesenheit frühzeitig und klar.
Richte eine Abwesenheitsnotiz ein – inkl. Vertretung.
Entferne Job-Apps vom Handy während der Ferien.
Nutze Tools wie “Digital Detox” oder “Focus Mode”, um nicht in alte Muster zu verfallen.
Lege mit deiner Führungskraft Vereinbarungen fest, wie mit Notfällen umgegangen wird.
Work-Life-Balance ist nicht nur ein Buzzword – sie beginnt bei der konsequenten Gestaltung deiner Erholungszeit.
5. Führungskräfte in der Verantwortung
Auch Vorgesetzte stehen in der Pflicht. Wer seinen Mitarbeitenden am Wochenende oder im Urlaub Nachrichten schickt, sendet falsche Signale – selbst wenn keine Antwort erwartet wird.
Empfehlungen für Führungskräfte:
Mails mit geplanter Zustellung schreiben (z.B. via Outlook oder Gmail).
Vorleben, dass Ferien ferne Zeiten sind.
Respektieren, dass Mitarbeitende das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit haben.
Ein Arbeitsklima, das Erholung erlaubt, ist langfristig produktiver, gesünder – und fördert die Bindung zum Unternehmen.
Dein Recht auf Offline – und dein Mut, es zu nutzen
Urlaub bedeutet Nicht-Erreichbarkeit. Punkt. Auch wenn die Versuchung gross ist, mal eben zu antworten – du schadest dir selbst. Nur wer sich wirklich abkoppelt, kommt mit neuer Energie zurück. Erreichbarkeit in den Ferien ist kein Zeichen von Engagement, sondern oft von fehlender Abgrenzung. Und genau das kann dich langfristig ausbrennen. Also: Richte deine Abwesenheitsmeldung ein, verabschiede dich bewusst – und geh offline. Denn du hast es dir verdient.
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